Diskussion von Grenzwerten:

Regierung möchte Klärung von Ärzte-Einschätzungen

Der Grenzwert für Stickstoffdioxid, der in mehreren Städten zu Fahrverboten geführt hat, steht in der Kritik. Die Bundesregierung will die gegensätzlichen Meinungen nun untersuchen.

Autobahn: Um Grenzwerte und ein generelles Tempolimit wird derzeit heftig gestritten.Die Bundesregierung strebt angesichts gegensätzlicher Wortmeldungen von Ärzten zur Gefährlichkeit von Diesel-Abgasen eine wissenschaftliche Klärung an. Die verschiedenen Erklärungen würden nun zum Anlass genommen, darüber nachzudenken, wie man eine fundierte gemeinschaftliche Position herstellen könne, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Darüber werde derzeit mit der Leopoldina als Nationaler Akademie der Wissenschaften gesprochen.

Scheuer kritisiert Grenzwerte

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat die geltenden Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxid in Städten unterdessen erneut in Zweifel gezogen. „Wir müssen die Logik der Grenzwerte schon hinterfragen“, sagte er. „Wenn Experten, die damals über die WHO diese Grenzwerte mit errechnet haben oder festgelegt haben oder empfohlen haben, von willkürlichen Grenzwerten sprechen oder politisch festgesetzten Werten, dann ist das natürlich ein Alarmsignal.“ Denn die Einschränkungen seien nun für die Bürger spürbar. Ein Grenzwert müsse deshalb verifizierbar sein, dürfe nicht auf Willkür basieren, dürfe kein „Pi mal Daumen“ festgesetzter Wert sein, betonte Scheuer.

„Luftqualität ist Lebensqualität. Aber zu einer Lebensqualität gehört auch eine gute Mobilität“, sagte Scheuer. Man müsse auch über verschiedene Arten von Standorten von Messstellen in Europa diskutieren. Andere Hauptstädte gingen da „sehr freizügig und sehr flexibel“ vor – in Wien etwa sei eine Messstelle in einer Fußgängerzone. Nirgendwo sonst würden die Werte so gemessen wie in Deutschland. Deswegen würden ja auch die Standorte nun überprüft.

Zum massiven Widerspruch internationaler Lungenfachärzte gegen eine vorige Wortmeldung von rund 100 Lungenfachärzten, die den gesundheitlichen Nutzen der aktuellen Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide in Zweifel gezogen hatten, wollte sich Scheuer nicht äußern. „Ich bin kein Lungenfacharzt, das ist auch gut so», sagte der Minister. «Ich bin Politiker und weiß, wie die Bürgerinnen und Bürger ticken.“

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat die Diskussion scharf kritisiert. „Diese Debatte trägt nicht zur Versachlichung bei“, sagte Schulze. „In den letzten Tagen wurden viele Fakten verdreht.“ Verunsicherung dürfe aber nicht die Basis für verantwortungsvolle Politik sein. „Grenzwerte sind eine gesellschaftliche Garantie für saubere Luft“, sagte die Ministerin. „Ich sehe keinen Anlass, das abzuschwächen.“

Regierung lehnt Tempolimit ab

Die Bundesregierung hat einem Tempolimit auf Autobahnen eine klare Absage erteilt. Die Regierung plane kein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen, sagte Seibert. Es gebe „intelligentere“ Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr.

Zuletzt waren Überlegungen einer Klima-Arbeitsgruppe der Bundesregierung bekannt geworden, zu denen ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen zählte. Dies hatte eine breite Debatte ausgelöst. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte sich strikt gegen ein Tempolimit ausgesprochen.

Kritik an Umweltministerin

Umweltministerin Svenja Schulze ist hingegen mit Äußerungen zum Tempolimit in die Kritik geraten. Nach einem Interview in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ muss die sich dem Vorwurf stellen, sie vertrete keine klare Haltung in dieser Frage. Sie hatte am Sonntagabend mehrmals auf eine Arbeitsgruppe zum Klimaschutz im Verkehr und auf Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verwiesen, ohne zu beantworten, wie sie selbst dazu steht, und erntete dafür Spott und Kritik besonders im sozialen Netzwerk Twitter.

Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth verteidigte die Ministerin: „Es war absolut richtig, dass Svenja Schulze die Frage nach dem Tempolimit offen gelassen hat. Klimaschutz im Verkehr ist weitaus komplexer“, schrieb er. Eine Absage an ein Tempolimit sei jetzt „genauso falsch wie Zustimmung“.

Die SPD hat 2007 auf einem Parteitag mit knapper Mehrheit beschlossen, sich für ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde einzusetzen.

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